Im Juli 2021 hat ein Jahrhunderthochwasser in Rheinland-Pfalz ganze Landstriche verwüstet. Die besonders betroffene Gemeinde Ahrtal ist dabei ein Musterbeispiel für Versäumnisse im Klimaschutz und könnte nun zu einer Modellregion für Klimaschutz werden.
Das Hochwasser hat bei den bestehenden Heizungs-Systemen für große Probleme gesorgt. Bei der Gasversorgung waren und sind große Gebiete noch immer abgeschnitten, denn die Gasleitungen sind zerstört und abgeschaltet. Bei den Öl-Heizungen sind nicht Kubikmeter an Heizöl in die Umwelt gelangt und haben Wasser und Boden verseucht. Ein Liter Öl verseucht ca. 1.000.000 Liter Wasser oder 10.000 Kubikmeter Sand / Erdboden …
Gas- und insbesondere Öl-Tanks wurden von dem Hochwasser aufgeschwemmt und haben Keller in Pontons verwandelt, haben Häuser und Fundamente angehoben als das Wasser durch die Keller strömte …
Eine Zukunftskonferenz hat am ersten Oktober neue Überschwemmungsgebiete im Ahrtal ausgewiesen und bestätigt, dass die beschädigten Häuser wieder aufgebaut werden dürfen. Man muss den Aufabu aber an die Erfahrungen anpassen und aktuell heißt es daher:
Mögliche Auflagen laut SGD Nord könnten zum Beispiel sein, dass die Sicherungskästen in den oberen Etagen angebracht werden müssen, damit die Stromversorgung auch dann sichergestellt ist, wenn der Keller mit Wasser geflutet wird. Notwendig könnte den Angaben zufolge auch sein, dass sich die Schlaf- und Wohnbereiche eines Hauses nicht im Erdgeschoss befinden dürfen..
Was ich aber vermisse ist, aus dem Ahrtal eine Modellregion für klimaverträgliches Bauen zu machen. Der bisherige Bundesinnenminister Horst Seehofer hat sich ja leider nur auf die Abschiebung unliebsamer Migranten verstiegen und alle anderen Kernaufgaben des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sträflich vernachlässigt. Insbesondere eben dem Bereich „Bauen und Wohnen“.
Hier wäre es nun erforderlich, schnell und doch konzertiert die folgenden Eckpfeiler umzusetzen:
Photovoltaik auf jedes Dach
meine Forderung als Grüner ist, dass im ganzen Bundesgebiet jedes öffentliche Gebäude mit Photovoltaik nachgerüstet werden muss, und dass für neue Häuser eine PV-Pflicht vorgeschrieben wird. Im Ahrtal müssen jetzt alle Häuser mit PV nebst Speicher nachgerüstet werden. Die Häuser müssen nicht für den Insel-Betrieb ausgelegt sein, aber jeder mir bekannte PV-Speicher kann wenigstens eine Steckdose (oder Stromkreis) mit Notstrom versorgen.
keine fossilen Heizungen mehr
Die Heizungen müssen ungeachtet ihrer Alters oder Zustands auf CO₂-neutrale Wärmepumpen umgerüstet werden. Ich habe auf Twitter bereits angeregt, dass dies für die großen Hersteller eine Sternstunde sein könnte. Es gibt in den Ausstellungsräumen immer Geräte, die man sofort als Spende ausliefern könnte …
Wärmedämmung
Auch bei uns steht das noch an, das Haus besser zu dämmen. Wir haben überall dreifach verglaste Fester und zumindest die West-Seite hat schon eine Wärmedämmung bekommen. Das muss jetzt einfach auch überall im Bestand nachgerüstet werden. Ich kenne zwar die Argumentation: „wenn die Heizung CO₂-neutral arbeitet, ist die Wärmedämmung überflüssig“, aber zum Einen müssen wir Rebound-Effekt verhindern und zum Anderen, wollen wir idealerweise Niedertemperatur-Heizungen. Dazu ein Rechenbeispiel:
Die „alten“ Plattenheizkörper haben im Altbauch üblicherweise ca. 65°C im Vorlauf und je nach Raumtemperatur dann nur noch 35 - 45°C im Rücklauf. Das sind 20 - 30°C Spreizung. Fußbodenheizungen haben maximal 45°C und dann nur noch 35°C im Rücklauf, als nur 10°C Spreizung.
Ein Speicher (im Grunde nur ein recht großer Wassertank, bei uns sind das 2x 750l) der bei einem Durchlauf 30°C abgibt ist im Bestand „OK“, wird aber ohne Änderung am Speicher plötzlich drei Mal effizienter, wenn man die Heizkörper später tauscht. Wenn man also die Plattenheizkörper gegen Fußboden- oder Deckenheizung tauscht, dann nimmt die Temperatur halt nicht in einem Durchlauf von 65° → 35° ab, sondern hält drei Mal so lange da der Temperaturgradient langsam sinkt 65° → 55° → 45° → 35° …
Von daher ist Wärmedämmung eben auch sinnvoll und wichtig, denn wenn wir von 65° C im Vorlauf auf 20° abfallen, weil wir noch 15° nach draußen verlieren, dann können wir diesen Verlust durch Dämmung aufhalten. Und dann müssen wir sehen, dass die Hitzesommer in Häufigkeit und Intensität zunehmen. Also hält eine Dämmung im Sommer auch die Mittagshitze draußen …
Ladeinfrastruktur
Aktuell fahren in Großbritanien mehr Elektroautos als Verbrenner. Gut. das liegt daran, dass die Tankstellen nicht mit Benzin beliefert werden können, weil die keine LKW-Fahrer mehr im Land haben. Aber im Grunde haben wir das gleiche Problem im Ahrtal. Die Tankstelle ist zerstört, tausende Kubikmeter Boden verseucht und die Brücken und Straßen sind ebenfalls nicht mehr geeignet mit schweren Tankwagen befahren zu werden. Mit einer PV-Anlage auf dem Dach und einer Wallbox in der Garage kann man sein elektroauto im Falle einer Katastrophe auch zur Not beim Nachbarn laden …
Soviel zu meinen Wünschen an den Wideraufbau. Ich hatte irgendwo die Zahlen gelesen, dass man auf die letzten 10 Jahre hätte 15 Millionen € in Polder und Hochwasserschutz investieren können, sich aber für Autobahnen, Flussbegradigungen und den Ausbau versiegelter Fläche in Form von Industrie- und Gewerbegebieten entschieden hat. Der Wiederaufbau wird ca. 30 Millarden kosten.
Klimaschutz ist teuer.
Ja.
Aber.
Kein Klimaschutz ist um Magnituden teurer …
Kommentare
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