Wenn wir über CO₂-Reduktion reden, kommt man sehr schnell auf das Auto als eine der größten persönlichen CO₂ Quellen. Vor dem Hintergrund, dass man mit einer PV-Anlage seinen eigenen Strom herstellen kann, ist ein Elektro-Auto als Lösung naheliegend. Sobald jedoch über Elektro-Autos geredet wird, kommt immer auch das Wasserstoff-Auto ins Gespräch …
Es ist, ach herje, schon so lange? Es ist also bereits 14 Jahre her, dass ich den Satz im Radio gehört habe:
Wasserstoff ist ja keine Energiequelle, sondern lediglich ein Energieträger, d.h. ein Transportmittel für Energie. Und niemand würde zum Beispiel das Wasserproblem in der Sahelzone dadurch lösen, dass er Wassertransportmittel, sprich Eimer, an die Leute verteilt. Sondern hier müssen neue Quellen erschlossen werden. Wir haben die Wasserstoffwirtschaft untersucht und die verschiedenen Schritte, die da wesentlich sind. Und wir haben festgestellt, dass sie alle sehr, sehr verlustbehaftet sind. Und deshalb meinen wir, dass die Wasserstoffwirtschaft nicht der richtige Weg ist, um das Energieproblem zu lösen.
Das war das Interview „Sauberer Sprit unter Druck“ im Deutschlandfunk, und ich fand die Argumentation wenngleich schlüssig, so doch verwirrend, denn die Regierung hat im Schulterschluss mit deutschlands Autobauern angekündigt, saubere Autos (nur) mit Wasserstoff in der nächsten Dekade umzusetzen.
Emotion
Ich dachte damals, dass es bei Autos eigentlich nie wirklich um das Auto als Werkzeug um von A nach B zu kommen geht. Tanken ist ein essentielles Element, um die Bindung zu emotionalisieren. Wie, für für den Hund gutes Futter kaufen, oder halt Katzenmilch für die Kätzchen. Der Autohalter (analog zum Hundehalter) kümmert sich. Entscheidet, ob es nun „super“ oder nur E10 bekommt.
Und Wasserstoff? Nur eine Sorte und keine Möglichkeit für den Halter eine emotionale Entscheidung zu treffen. Und dazu kommen die immer präsenten Gefahren des Wasserstoffs (ob nun Hindenburg oder Knallgas) und die etwas befremdliche Vorstellung, -255° kaltes Gas mit 700 Bar in das Fahrzeug zu pumpen. Wer sich noch an die Challenger Katastrophe erinnert, wird eine Vorstellung davon haben, warum sich Wasserstoff komisch „anfühlt“ - auch wenn das Containment natürlich CE sicher ist.
Und Strom? Aus der eigenen Steckdose ist ebenfalls emotionalisiert. Der eigene Strom, das ist wie Möhren aus dem eigenen Garten. Und selbst wenn man keine eigene PV-Anlage hat, sind die Tesla-Fahrer irgendwie elitär stolz auf ihre Super-Charger …
Sicherheit
Das ist überhaupt das bestimmende Thema. Ob nun bei Batterien oder beim Wasserstoff. Beides hat, wie jede Technologie, ihre eigenen Besonderheiten und Probleme. Wasserstoff zum Beispiel ist super flüchtig und weil es das aller kleinste Atom hat, nicht umsonst ist es das erste Element im Periodensystem, und kein Edelgas ist, kann es in das Metallgitter eindringen und zur Wasserstoffversprödung führen. Metalle werden dadurch - nunja - spröde und können infolge dieser „Materialermüdung“ reißen. Was bei 700 – 800 Bar Druck, ein nicht zu unterschätender Faktor ist. Vielleicht wird beim Auto auch nur ein Niedrig-Druck-Tank mit 200 – 350 Bar eingesetzt, dann hat man halt auch nur die Hälfte der Kapazität - also nur die Hälfte der Reichweite.
Das sind Probleme, die Akkus nicht haben. Akkus haben andere Probleme. Zum Beispiel Lithium. Ein Alkalimetall, dass in Gegenwart von Sauerstoff sofort zu brennen beginnt. Außerdem entsteht Wasserstoff, wenn Lithium mit Wasser in Berührung kommt, so dass Knallgas-Explosionen möglich sind - und es entsteht Lithiumhydroxid - eine alkalische Lösung. Sondermüll also.
Die Sorge, was ist im Falle eines Brands, ist sicherlich auch darin begründet, dass unsere thermischen Antriebe mit ihren selbstverstänldich brennbaren Kraftstoffen zu ~ 40.000 Fahrzeugbränden im Jahr führt (25.000 davon werden durch Fehler in der Elektrik, also durch Kabelbrände ausgelöst). Bei ca. 50.000.000 Autos in Deutschland verbrennen also 0,08 % pro Jahr. Da man nach aktueller Forschungslage davon ausgeht, dass Elekroautos mindestens den gleichen, wenn nicht sogar einen leicht höhreren Sicherheitsstand haben, ist die Gefahr also „eher gering“.
Das Kraftfahrtbundesamt sagt für 2018, dass nur 5,3% der neu zugelassenen Fahrzeuge „alternative Antriebe“.
Kennzahl | |
---|---|
Pkw-Neuzulassungen | 3,44 Millionen |
Privat-Anteil | 36,4 Prozent |
Diesel-Anteil | 32,3 Prozent |
Alternative Antriebe | 5,3 Prozent |
Euro 6-Anteil | 98,7 Prozent |
Ich kann zu dem Tehma auch den Twitter-Account @autobraende empfelen, da steht dann auch Kein Tesla / Elektroauto um die Auswertung zu erleichtern. Aber die Frage ist ja grundsätzlich: Was tun wenn's brennt?
Und hier haben wir halt 3 Energieträger:
- Fossilie Brennstoffe (Diesel, Benzin, …)
- chemisch gespeicherte elektrische Energie
- Wasserstoff
Ein wichtiger Umweltaspekt beim Löschen ist natürlich, was passiert mit dem Löschwasser. Da wird häufig angeführt, dass Lithium ja mit Wasser reagiert. Das ist richtig. Dabei entsteht Wasserstoff (der halt sofort zu Wasser verbrennt) und Lithiumhydroxid, was das wasser leicht basissch macht. Damit hat Elektroauto-Löschwasser die Wassergefährdungsklasse 1 (von 3) - das entspricht etwa auch dem Inhalt des Scheibenwischwassers. Diesel hat die WGK2 und Benzim WGK3. Aber statt bei einem verunglücktem Benziner das Erdreich abzutragen um die Kontamination aufzunehmen, wird „Bindemittel“ auf die Fahrbahn gestreut. Aber, diese Ölbindemittel sind dann mit Diesel oder Benzin getränkt und müssen aufgefangen und fachgerecht entsorgt werden. Zumindest bei den Unfällen der letzten Jahre hier bei uns im Ort: verfährt sich das zeug und wird eben nicht von der Straßenreinigung aufgekehrt …
Wasserstoff verbrennt zu Wasser. Und wenn es nicht die gefährliche Konzentrationsverteilung für Knallgas erreicht, verbrennt es sehr ruhig und kontrolliert. Und es ist so leicht, dass es sich in der Regel sehr schnell vom Umglücksort entfernt.
Also, zusammenfassend: Wasserstoff und Elektro-Auto sind im Falle eines Unfalls weniger gefährlich als Diesel und Benziner - auch im Hinblick auf Umweltschäden. Und, dass wir fossile Brennstoffe loswerden müssen ist unbenommen. Also müssen wir auch nur über Wasserstoff oder Elektro reden. Oder?
power2x
Fast. es gibt ein Schlagwort namens power2x (sprich: „power to x“), mit dem gemeint ist, dass sauberer Strom (Wind, Sonne, …) in „irgend etwas“ umgewandelt wird. H₂, also molekularer Wasserstoff, ist dabei ein mögliches x. In der Forschergeist Episode FG066 ist aber ein spannender Gedanke enthalten:
Wenn wir das CO2 aus der Luft entnehmen können, und direkt wieder in einen Brennstoff umwandeln können, den man für die Heizung oder als Antrieb für die Fahrzeuge nutzen kann, dann müssen wir die Häuser nicht dämmen und keine neue Verkehrsinfrastruktur schaffen.
Die Idee ist bestechend. Aktuell dämmen wir Gebäude, um Wärmeverluste zu reduzieren, denn wenn wir klimaschädliches Öl verbrennen um das Haus zu wärmen, spart Dämmung Heizöl. Ist das Heizöl aber Klimaneutral (weil es zu 100% aus der Atmosphäre gewonnen wurde), muss das Haus nicht gedämmt werden.
Das ist auch der Ansatz für power2x - nur, was dieses x ist, weiß noch keiner. Wasserstoff ist halt ein beliebter Kandidat, weil sich Wasserstoff recht einfach herstellen lässt: Wasser + Strom = Wasserstoff + Sauerstoff. Elektrolyse. Aber. Der Wasserstoff entsteht halt als Gas und muss dann gekühlt / komprimiert werden. Und auch dafür braucht man halt auch sehr viel Energie …
Aber auch Kohlenwasserstoffe wie Ethanol sind aussichtsreiche Kandidaten. Es ist schon bestechend, dass man aus CO2 und H2O am ende irgendwie C2H6O zusammengerechnet bekommt. Das „wie“ ist halt noch nicht geklärt, aber wenn, dann sind auch andere Kohlenwasserstoffe kein Problem mehr. Wenn man sich kurz eben vorstellt, dass Benzin aus ca. 150 unterschiedlichen Kohlenwasserstoffen besteht.
Ok. Also. Eventuell ist power2x irgenwann eine Möglichkeit, quasi das Benzin wieder aus der Luft zu ziehen. Wir brauchen dann noch sinvolle CO2-Senken. Also eine Möglichkeit, das CO2 aus der Luft zu ziehen und dauerhauft zu speichern. Wie zum Beispeil mit schnellwachsender Biomasse, die per pyrolyse dann „verkohlt“ wird und dann können wir das Zeug in, sagen wir mal alten, nicht mehr gebrauchten Bergwerksstollen einzulagern.
grid
Also. Noch ein Gedanke zur H2 v.s. Elektro-Diskussion, den ich sehr wichtig finde. Ein Elektro-Auto ist eine Batterie. Nehmen wir an, dass diese Autos tagsüber auf der Arbeit oder Nachts in der Garage an der Wallbox hängen. Wenn wir mit 20% „Reserve“ im Akku rechnen, dann kann das Netz Last-Spitzen (sowohl bei Produktion als auch beim Verbrauch) in den Akkus der Autos abfedern. Und das auch noch Dezentral. Denn, im Gegensatz zu einem Wasserstoff-Netzwerk, haben wir bereit ein Stromnetz.
Ja. Wasserstoff ist spannend und eine power2x-Speicherung direkt neben einer PV- oder Windenergie-Anlage ist hier auch sinvoll möglich. Sprich: Massiver Wind in der Nach, und kein Verbrauch? Super. Dann machen wir aus dem geschenkten Strom halt Wasserstoff. Und wenn dann am Abend Fussball läuft, und (fast) überall in Deutschland die Fernseher, Licht und Mikrowellen Storm verbrauchen, dann wird der Wasserstoff halt durch die Brennstoffzelle geschickt und wieder Strom produziert.